Gerade mal 45 Minuten ist man von Beckum auf der B 475 in Richtung Norden unterwegs, so ist man schon an dem internationalen Flughafen Münster Osnabrück angekommen. Der Flughafenterminal II des FMO bot das passende Ambiente für das Thema Zukunftsregion Münsterland. Der Ort war gut gewählt zu dem der Steinfurter Landrat Dr. Hans Pixa als Vorsitzender des KPV Bezirksverbandes Münsterland eingeladen hat. Als Hauptredner konnte Klaus-Peter Schöppner, Chef des TNS Emnid-Institutes Bielefeld, gewonnen werden. Schöppner ist bekannt aus Rundfunk und Fernsehen durch seine Politik- und Sozialforschungsergebnisse und politischen Prognosen.
Klaus-Peter Schöppner, Politik- undSozailforscher des Emnid Institutes in Belefeld In der Einleitung machte NRW-Landesminister für Arbeit, Soziales und Gesundheit Karl-Josef Laumann (CDU) noch den Anwesenden Mut. Die Zeit werden sich ändern, aber das Münsterland hat gute Voraussetzungen.
Dagegen mahnte Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner schon deutlicher zur Aufmerksamkeit. Die wachsende Globalisierung sorgt für mehr Internationalität und es kommt zu Verlust von „Lokalkolorit“.
Er begann mit kleinen einer Rückschau. Wie war es vor 20 Jahren ? Wer hatte ein Handy, wer einen Computer am Arbeitsplatz, wer arbeitete im Internet. Wer hätte uns vor 20 Jahre gesagt, dass sich Wirtschaft und Freizeit so entwickeln?
Wie wird es in Zukunft sein ?
Schöppner zeichnete zwei Szenarien auf. Die Arbeitswelt könnte sich folgender-maßen entwickeln
„Time poor – Money rich „
Durch politische Entscheidungen kommt die Gesellschaft zur nahezu Vollbeschäftigung. Die Leute verdienen viel Geld, haben aber keine Zeit es auszugeben. Aber die Wirtschaft floriert.
Das Gegenteil
Time Rich – money poor.
Gibt die Politik den Menschen in unserer Gesellschaft viel Freizeit, dann entwickelt sich Hobby zum Beruf und die Schwarzarbeit wird gefördert. Arbeitslosigkeit ist die Folge.
Entweder nimmt eine Gesellschaft die Herausforderung an und macht mit oder resigniert.
Damit nicht genug: Die Gruppierung „Familie“ ist passé. In 20 Jahren könnten sich sogenannte Zweckgemeinschaften entwickeln, die darauf ausgerichtet sind vorherrschende Lebensprobleme zu lösen. Kinder-Arbeits-Freizeit-Organisationseinheiten zur Regelung von Lebensabschnitten.
Man könnte in mobilen Wohnwaben leben und von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz ziehen mit einer Küchenwabe, Arbeitszimmerwabe, Badezimmerwabe, Schlafzimmerwabe und Kinderzimmerwabe, sofern man diese überhaupt noch braucht. Nicht an dem Heimatwohnort festhalten, -Born to stay- sondern der Arbeit nachziehen -Born to move-
In der Wirtschaft setzen sich auch zwei Linien durch
1. ADLI-sierung: Geschäftskettenbildung – billiges - schnelles – bequemes Einkaufen.
2. Prinzipalisierung. Abgeleitet vom Prinzipal-Markt in Münster für Luxus und Edelshopping mit Freizeitwert.
In der Konsequenz würde das zur Verödung der Innenstädte führen, die es nicht schaffen sich als Einkaufzentrum der Region einen bekannten Namen zu machen.
Auch zur Zeit noch „Undenkbares“ sprach er an: Einkaufserlebnis im Kombi-Angebot: Einkaufserlebnis in einer umgebauten Kirche, die nicht mehr für den Kirchgang benötigt wird.
Dann besteht noch ein Effekt, den das Internet mit sich bringt. Bereits heute werden 70% aller Geschäfte auf dem Fotomarkt über das Internet abgewickelt mit allen negativen Folgen für die Einzelgeschäfte mit Fachberatung. Künftig könnten mehrere Geschäftsbereiche darunter leiden.
Hinzukommen könnten neue Effekte wie „Einkaufs-Pooling „. z.B. könnten sich 500 Leute zusammenschließen und 500 VW-Golf kaufen: dieser Einkaufs-Pool bekommt jeweils einen billigen VW Golf, das VW-Werk freut sich, das Käufer-Pool freut sich, nur die Zwischenhändler und Niederlassungen machen kaum Geschäfte.
Das nächste Problem wird die Always-on-Gesellschaft zeigen: sie wird nicht mehr kaufen sondern nur zeitweise nutzen. Leasen ist das Gebot der Stunde. Auto leasen, Fahrrad leasen, Arbeitskraft leasen, Büros leasen, Haus leasen, Gesellschaften leasen.
Arbeiten und Lernen wird man nicht nur bis zum Rentenalter von 67, sondern länger bis 75 oder zum gesundheitlichen Greisesalter. Allerdings mit der Wirkung, dass man auch mal zwischendurch aussteigt und sogenannte „Sabbat-Jahre“ einschiebt. Man unternimmt eine Selbstverwirklichung und steigt später wieder in die Arbeit ein.
Die Menschen arbeiten nicht mehr ein Leben lang in einem Beruf, sondern sie kommen von einem Beruf zum anderen. Berufstätige arbeiten nicht ein Leben lang in einer Stadt oder bei einem Arbeitgeber, sondern hegen eine sogenannte Containerverfügbarkeit:
Für ein bestimmtes Zeitkontingent arbeiten sie in dieser Stadt bei diesem Arbeitgeber, die nächsten drei Jahre wieder bei einem anderen. Nach einem Sabbatjahr und geht man dann wieder für ein paar Jahre arbeiten.
Zum Schluss stellte sich Schöppner den Fragen des Auditoriums. Von der Beckumer Ortsunion stellten wir die Frage, dass diese Sichtweise sehr auf ein radikales Wirtschaftssystem abgestellt sei. Tatsache ist allerdings, dass sich eine gut funktionierende Wirtschaft nur in einer zufriedenen Gesellschaft entwickeln kann. Die Darstellung lässt den psychologischen Aspekt vermissen. Insbesondere beherzt die CDU bei ihren Entscheidungen das „C“ für ihre christliche und ein „D“ für die demokratische Komponente in ihrem Parteikürzel.
„Da haben Sie natürlich recht“, sagte Schöppner. Das sei der Spagat, den die Politik machen muss. Sie entscheiden, was sie der Gesellschaft zumuten wollen. Die Frage ist aber, ob man den Wettbewerb mitmacht oder resigniert. Das Münsterland hat alle Chancen.
Die nachfolgenden Referenten zeigten noch die Infrastruktur des Münsterlandes auf (Stadtdirektor Hartwig Schultheiß, Dezernent für Planung und Marketing der Stadt Münster), stellten den Mittelstand als Export- und Wachstumsmotor dar (Karl-Friederich Schulte-Uebbing, Hauptgeschäftsführer der IHK NRW). Der Innovationsraum der Hochschulen wurde von Prof. Klaus Niederdrenk dargestellt, (Rektor der FHS Münster), während als letzter Referent Werner Gehring (Hauptgeschäftsführer des westf.-lipp. Landschaftsverbandes) die Perspektiven ländlicher Entwicklung darstellte im Hinblick auf Landwirtschaft, Umwelt und Tourismus.